8.9.11

ankommen im friedensdorf


es hoert sich so romantisch an. peace community. comunidad de paz. friedensgemeinde.
die eindruecke, die ich bisher habe, das wenige, das ich bisher im friedensdorf erlebt habe, finde ich irritierend, schockierend, verschuechtert, arm. am rande der gesellschaft, und definitiv am rande von kolumbien.

ich bin insgesamt 12 h geflogen von wien nach bogota (wartezeiten ausgenommen). nach einer genialen trainingswoche im winterlichen bogota ging es weiter: nachtbus nach medellin – 12 stunden fahrzeit. viele kurven. die frau neben mir am sitz uebergab sich immer wieder. in der frueh kam die rettung und holte sie aus dem bus raus. in medellin verbrachte ich einen tag in einem schoenen haus bei aktivist_innen des red juvenil, einer jugendorganisation. medellin ist eine kontrastreiche stadt, laut, schoen, arm, reich, voller staatlicher infrastrukturprojekte, zb. der metro, die sich auf bruecken durch die strassen und plaetze schneidet.

von medellin ging es weiter, 8 stunden in einem auto nach apartado. das ist eine strecke, die wir nur tagsueber fahren, entlang des weges richtung nord-westen erhoeht sich die militaerpraesenz am weg staendig. ich durfte vorne sitzen, was sich als super herausstellte, denn mit jeder kurve von medellin abwaerts wurde es heisser und heisser und die rueckbank teilten sich drei personen. bogota liegt auf 2.600 meter seehoehe u mir kam vor, seither staendig bergab gefahren zu sein. die strasse  nach apartado ist eine der schlaglochreichsten, die ich je gefahren bin. ich hab dem fahrer den rasanten fahrstil ueber die wenigen asphaltstrecken hinweg verziehen, da er meist im schritttempo durch grosse loecher kurven bzw. diesen ausweichen musste. unser fahrer war gut freund mit allen militaers am weg. es ist ja interessant, wie das funktioniert. er winkte hinaus, sie winkten zurueck, manchmal gab er leuten am weg geld. wir hoerten kolumbianische schnulzmusik, vallenato, von den texten und rhythmen aehnlich der oesterreichischen volkstuemlichen musik.

ich fuehlte mich gut vorbereitet von unseren rollenspielen ueber moegliche begegnungen mit militaers, war aber natuerlich froh, die vorbereiteten saetze nicht sagen zu muessen. und dann, kurz vor apartado wurden wir doch angehalten und das auto durchsucht. und ich machte dann doch alles anders als vorbereitet: der bewaffnete nahm meinen namen auf, wogegen ich eigentlich protestieren wollte.

in apartado angekommen, verbrachte ich hier eineinhalb tage mit meinem neuen team gina und emily. die beiden wohnen seit ende maerz im friedensdorf und bewegen sich hier in der gegend, als haetten sie nie woanders gelebt. sie waren sehr straight drauf, freuten sich ueber die tage in der stadt u ueber meine ankunft. wir assen pizza und tranken bier u unmengen saefte von frischen fruechten. ich lernte die restaurants kennen, die sie hier besuchen, das internet café, in dem uns alle kennen, das haus der peace brigadas international (PBI), wo staendig 12 pbiler_innen wohnen und arbeiten, ich traf schweizerinnen, belgier usw.   

am zweiten gemeinsamen tag ging die reise weiter: wir fuhren zum busbahnhof. ich kaufte dort die gummistiefel, die hier alle tragen – there is only one style, sagte emily. groesse 37. schwarz und gross. wir warteten fast eine stunde lang auf einen chivero, der richtung san jose fuhr. es war ein unglaublich heisser tag, wir schwitzten im sitzen. gepeack wurde aufs dach geladen, kínder wurden auf die ruecksitze geladen. ich lag mit regelschmerzen wartend auf einem holzbankerl u freute mich darueber, mit frauen unterwegs zu sein. hinten im chivero gibt es 2 gegenueberliegende sitzbaenke, im prinzip 8 sitzplaetze. wir fuhren mindestens zu sechzehnt. ausserhalb der “stadt” darf auch das dach des chiveros benuetzt werden u es ist erlaubt, sich wo auch immer das moeglich ist, an das fahrzeug dranzuhaengen. es sassen 10 leute hinten drin, auf jeder von uns ein kind. gina, emily u einige andere standen hinten auf der stossstange, hier und da sprangen leute auf oder ab, neue kínder zwaengten sich zu uns hinein. obendrauf ladungen mit yuca und anderen lebensmittel und unser gepaeck. eine kleine katze fuhr in einem sack mit loechern mit und miaute ununterbrochen. wir fuhren durch viele schlagloecher, ueber feldwege, langsam bergauf an kleinen haeuschen und feldern vorbei. es war ein grosses abenteuer.  und es schaukelte. die strasse war an manchen stellen zum fluss hin abgeschwemmt u es fehlte ein stueck. auf dieser strecke krank zu fahren waere quasi unmoeglich: mein bauchweh war sofort weg.

der chivero fuhr bis la holandita oder san josecito, einer ansiedlung nach der sich die bewohner_innen der friedengemeinde nach dem massaker 2005 “umgesiedelt” waren. DISPLACED. die hauptproblematik der baeuerlichen bevoelkerung in kolmbien. das land wurde von der hollaendischen regierung an die friedensgemeinde gespendet, daher der name. in la holandita haben wir ein zimmer in einem holzhaus, das FOR gemeinsam mit PBI gehoert. gegenueber wohnt die italienische begleiter_innenorganisation "palomas para la paz", die dafuer bekannt sind, gut und italienisch zu kochen.
in la holandita zogen wir uns stiefel, die FOR t shirts und wanderhosen an, ueberliessen unser gepaeck einem bekannten, der es mit 2 pferden den weg nach la unión hinauftragen wuerde u gingen voraus. pferde als lasttiere leisten wir uns nur in besonderen faellen, eben z.b dass ein neues teammitglied samt gepaeck ankommt.

und dann der beruehmte weg: 1 ½ stunden bergauf, 3 flussquerungen, an kleinen bauernhoefen vorbei, durch wiesen hindurch, und immer weiter bergauf, mit immer besserer aussicht durchs gruene und ueber grosse steine und viel matsch: ein gummistiefelweg. nicht einfach zu gehen, besonders nicht mit neuen grossen gummistiefeln. es war heiss, mir war schwindlig. so langsam wie beim ersten mal sind wir den weg nie wieder gegangen.

dann kamen wir in la union an. es gibt dort 2 kleine FOR haeuschen, die einander gegenueber liegen. eines aus holz u eines aus beton. ich habe ein kleines zimmer im holzhaus, das ist wirklich rundherum aus den gleichen holzbrettern und es zieht ein bisschen durch die ritzen, daher ist es bei der hitze kuehler als im andern haus. das dach ist aus blech, worauf es laut prasselt wenn es regnet. hinten haben wir eine terasse und einen garten, den gina u emily sehr schoen bepflanzt haben und der gut wuchert, mit kuerbis, papaya, spinat, tomaten, chilis und blumen.

viele kinderzeichnungen mit willkommensgruessen warteten auf mich, ausserdem ein grosser blumenstrauss und ein plakat im kiosk in der mitte der siedlung. das war ueberwaeltigend, aber ich war sehr erschoepft vom reisen…

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