4.1.12

kriegsparteien

um unsere praesenz im dorf zu unterstuetzen, treffen wir uns mit anderen organisationen in der region, zb. mit der volksanwaltschaft, dem roten kreuz, dem UNHCR (UN- fluechtlingswerk, das auch fuer intern vertriebene zustaendig ist - ein grosses thema in kolumbien, es ist weltweit das land mit den zweit-meisten intern vertriebenen menschen nach dem sudan).
mitte dezember hatten wir einen termin bei dem chef der 17. brigade des kolumbianischen militaers.
es war schraeg, wir drei maedels im grossen gelaende des militaers. von allen beaeugt, wurden wir uns unserer wichtigkeit dort sofort bewusst: trotz termin mussten wir dreieinhalb stunden warten aufgrund eines besuches des verteidigungsministers und dem austeilen der weihnachtsgeschenke an alle braven soldaten. auf spaeter vertroestet wurden wir hin und her eskortiert: von der kantine, zum eingang, zum empfangszentrum, zum buero des chefs.
er hatte einen schaeferhund, der nicht auf ihn hoerte. vielleicht, weil er auf englisch abgerichtet war und die schlecht ausgesprochenen anweisungen wie "sit" und "down" nicht verstand, vielleicht, weil der hund mehr an unserem besuch interessiert war, als der gute coronel. schwer vorstellbar, dass dieser mann, der sich nicht bei seinem hund gehoer verschaffen konnte, die aufgabe hatte, die gesamte brigade der region zu kommandieren!

der coronel kannte FOR. er wusste gut bescheid um die lage der peace community und ueber unsere arbeit, unsere rechte und diejenigen der friedensgemeinde. nach fast 15 jahren existenz haben sie sich einen gewissen respekt der lokalen autoritaeten erarbeitet - besonders durch die unterstuetzung der internationalen organisationen. er hoerte uns gut zu, wie sich die situation im hoffnungstal entwickelte, nahm zur kenntnis, wann seine soldaten das gebiet der friedensgemeinde passiert hatten und erklaerte uns schliesslich, wie der coca handel funktioniert. wir sollten jederzeit wieder vorbeikommen und ausserdem gerne jederzeit anrufen, wenn die leute angst haetten und irgendetwas nicht ruhig verlief.

wir waren gut vorbereitet auf all seine diskurse: das militaer sichert den frieden, die friedensgemeinde braucht den schutz des militaers. wo es praesenz des militaers in kolumbien gibt, verlassen die menschen ihre heimat nicht! - ach! das war neu. wir dachten, es waere genau umgekehrt und militaerische praesenz bringt stets das risiko von attacken der anderen bewaffneten gruppen mit sich.
und das wort "paramilitaers" durften wir nicht verwenden. nachdem er mich zweimal ausgebessert hatte, verzog er nur jedesmal die augenbrauen, wenn ich es verwendete: paramilitaerische gruppen gibt es offiziell in kolumbien schon seit 2006 nicht mehr, in diesem jahr wurden sie naemlich alle "demobilisiert", also abgeruestet. was bedeutet, dass sie freiwillig ihre waffen einbrachten, und dafuer ein weiteres leben in straffreiheit geniessen.

paramilitaerische gruppen werden in kolumbien nicht als konfliktpartei gehandelt und koennen rechtlich vom bundesheer nicht auf die gleiche weise bekaempft werden wie die guerilla, die im kampf umgebracht werden duerfen. sie sind jedoch genauso illegale bewaffnete akteure.  

die offizielle bezeichnung fuer derartige gruppen, die sich nach dem demobilisierungsprozess neu bildeten, bzw. nie wirklich abruesteten, ist "kriminelle banden". ein sagenhaftes herunterspielen einer kriegsmacht, die die oekonomie ganzer landstriche in kolumbien kontrolliert und massgeblich den drogenhandel vorantreibt. bei uns in der gegend liefert sich eine gruppe, die "urabeños" heisst kaempfe mit den "rastrojos", die ihrerseits wieder allianzen bilden untereinander und mit aehnlichen gruppen. die news um besagte illegale kriminelle gruppen sowie ihre einflussbereiche aendern sich woechentlich. die neueste stolze meldung der kolumbianischen politik ist, dass die polizei waehrend der sylvesterfeier auf einer farm im choco einen der chefs der urabeños umbrachte. ueber komplizen hatten sie deren lage ausgekundschaftet und mittels eines chips, der ein signal an einen satelliten sendete, konnte die spezialeinheit der polizei in das grundstueck eindringen. diese szenen, die ich sonst nur aus filmen kenne, spielen sich hier im nachbarbundesstaat ab.

nach dem gut bestrittenen meeting gingen wir drei vom san jose team fein italienisch essen und feiern und nachbesprechen.

quellen zum konfliktgeschehen und der analyse der bewaffneten gruppen in kolumbien:
http://www.nuevoarcoiris.org.co/sac/?q=node/1
http://www.ideaspaz.org/portal/index.php
http://www.verdadabierta.com/

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