1.11.11

new york city

warum ist es so schwierig, hier zu sein? In den letzten tagen langweile ich mich. bin oefters unzufrieden. mag nicht immer mit den gleichen leuten zeit verbringen.
es ist soooo langweilig hier! die zeit meines trainings ist vorbei, es gibt weder viele notfaelle, noch viel neue information, richtigerweise gibt es die informationen sicher, doch die leute, von denen wir sie bekommen sind oft nicht anzutreffen und die internetverbindung zu langsam. einige begleitanfragen wurden wieder abgelehnt aufgrund der ungenuegenden sicherheitsanalyse und auch aufgrund von missverstaendnissen.

tagsueber gehen die leute zum ernten. was machst du heute? wohin gehst du? fragen wir sie am anfang des tages. heute hole ich yucca, kakao, holz, ist die antwort. und jeden tag sagen sie das gleiche! yucca, kakao, holz. manchmal bananen. in den letzten tagen gehen sie manchmal in die stadt ins spital, wo derzeit einige friedensgemeindemitglieder sind.

unsere “computerarbeit” ist im vergleich zu dem, was ich frueher gemacht habe, ein wirklicher klacks. ich habe echt gerne viel zu tun. ich erledige alles schnell u sofort und sehr sehr gerne. es bleibt immer zeit. die analyse- schreib – meetingsvorbereitungsarbeit finde ich wirklich interessant. ich kann mich da hineinvergraben u danach eine runde am fussballplatz laufen. der ist etwas abschuessig und dient gleichzeitig auch als tierweide. laufen tu ich in gummistiefeln, natuerlich. oft runden um fussballspielende kids.

ich suche mir viele taetigkeiten. als team beschliessen wir, wer wann einkaufen geht, wer wen wohin begleitet.
ich habe selten in meinem leben so viel gelesen!
putzen oder waschen steht oft an. kochen. ich bin aber doch nicht zum haushalt fuehren ins kriegsgebiet gekommen. oder teilweise doch...
natuerlich leute treffen. ich mag aber nicht immer besuch haben noch immer leute besuchen. was wuerde ich reden? ueber yuca, kakao, holz. das essen.
es funktioniert nur selten, und nur mit einigen menschen, ueber die poltische situation zu sprechen, oder ueber dinge ausserhalb dieser kleinen lebenswelt. am samstag war es besonders interessant. in der nacht zuvor wurde ein wildschwein geschlachtet und dann am samstag das fleisch von den frauen in allen haeusern zubereitet. ich konnte sie dann alle fragen, welches stueck des tieres sie gerade zubereiten. in jeder kueche die gleiche taetigkeit!

es ist soooo uninspirierend! ich kann viiiel mehr tun! und ich will mehr tun! ich weiss, ich brauche extrem viel anregung von aussen, suche interesante gespraeche, aufgaben, hobbies, raeume, gruppen. fahre hierhin u dorthin. im hub in wien verbrachte ich viel zeit mit  menschen, die spannende konzepte fuer altnernative raeume entwickeln, die netzwerken, so viel spezifisches wissen haben, so viele interessante menschen kennen.
ich bin mir grade nicht sicher, ob meine viele energie hier richtig eingesetzt ist.

grade wenn es so ruhig ist, kommen die themen wieder, um die sich mein leben oft dreht: perspektiven, gespraeche, hohe ansprueche an meine freundschaften und: unterforderung! ich frage mich, ob ich je einen beruf haben koennte, bei dem ich nicht unterfordert waere. habe ich fuer diesen einsatz schon mein ganzes leben geaendert, lasse mich auf einen komplexen konflikt ein, arbeite in drei sprachen u was kommt dabei heraus? ich will mehr! perspektiven, gespraeche, anregung, spannung, forderung…ich wuensche mir wieder einen netzwerkjob – nicht einen, bei dem ich hier bleiben muss und den huehnern zuseh.
in meiner naechsten taetigkeit sehe ich mich in new york city, wo sich die szenen u strassen tagtaeglich aendern. die kunst geht mir so ab, wow, die demos, das durch die stadt radeln u schauen, was sich tut. kinofilme, performances, stadtschritt, musik.

ohhhhh!!! ich hab so grosse STADTLUST!!

und andererseits ist es ein drachentanz,
von vorne bis hinten in jedem schritt.
das ausgesetzt sein, das beobachten in dieser ganz spezifischen situation.
die ganz spezifische info, das friedliche alltags-dasein im konflikt. das damit umgehen.
die analysen,  das suchen meiner raeume, meiner taetigkeiten. es gibt einige schoene maenner hier und einfach liebe menschen. sie alle haben hier ihre familie. und ich bin diejenige von aussen, die hier sein soll, aber sich doch nicht zu tief einlassen soll aufs gemeinschaftsleben. die freundschaften sind nie ganz auf der gleichen ebene ich bin ohnehin an meiner grenze, was kontakte betrifft, zuviele aehnliche gespraeche mit immer wieder den gleichen menschen.

wow, das klingt richtig hasserfuellt, richtig abgehoben, praepotent!
ich  schaetze diese gespraeche auch oft. und die ruhe. ich mag das aufwachen zu musik u ich kenne schon die pferde, die zwischen unseren haeusern spazieren. aber manchmal mag ich auch gar nichts hier!

die bandbreite meines erlebens hier reicht durch alle gefuehls- und stimmungslagen. und so ist das im prinzip an jedem ort...

es ist sicher gut, leer zu werden. zu sehen, wo mich das leben als naechstes hinspuelt. die erfahrung mit all ihren facetten und schwierigkeiten anzunehmen.

im prinzip weiss ich, dass ich diejenige bin, die den dingen den sinn geben kann.

was fuer eine prinzessinenwelt, aus der ich komme, in der ich mir so gut wie jede minute aussuchen kann, was ich tun will. und auch eine schoene welt, in der ich meine raeume suchen und gestalten kann. das fehlt mir sehr.

1 Kommentar:

  1. Liebe Lisi! Dein Nebensatz "...das klingt richtig hasserfüllt, abgehoben, präpotent" hat gemacht, dass ich endlich sagen will was ich schon länger sagen wollte: Aus jedem deiner Briefe strömt mir so viel Liebevolles entgegen, trotz oder gerade wenn du am unvermeidlichen Kämpfen oder Hadern bist. So viel Großes! Und jedesmal macht etwas, dass mir Tränen in die Augen kommen. Vielleicht hats auch damit zu tun, dass ich spür, dass wo du mit deiner Tatkraft stehst ich erst noch hinkommen muss und will. Danke für das Geschenk, ein Stück weit teilhaben zu dürfen. Sascha

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