2.11.11

ferien vom krieg

ich mag nochmal schreiben - zur beruhigung aller, die um mich fuerchten, oder derjenigen, die planen, auf die solireise mitzufahren: hier fallen mir weder bomben auf den kopf, noch werde ich vergiftet. was es ist, das mich beschaeftigt, sind meine eigenen themen, die immer wieder auftauchen, die ich an vielen orten mittrage und in mir hatte und mit mir haette.

meine eigene schwierigkeit mit viel zeit, in der wenig passiert, umzugehen, bzw. diese geschichtsaufarbeitung zu begleiten, die einfach durch da sein passiert. dadurch den aktivismus zu staerken, der zum alltag geworden ist. diese leute hier kaempfen darum, grade hier auf ihrem land leben zu duerfen. und dafuer leben sie. in new york city waeren sie hoechstwahrscheinlich sehr ungluecklich, das sind sie schon, wenn sie 20 min weiter unten hin auf den huegel ziehen muessten und das mit vollem recht. ich bewundere diese verbundenheit mit dem eigenen land. die wurzeln, die wirklich fest in der erde sind. die fehlen mir vielleicht. jedenfalls habe ich allergroessten respekt davor.

was uns darueber hinaus momentan beschaeftigt, ist die leere, die bleibt, und die sorge, wenn viele menschen krank sind. ein engagiertes peace community mitglied hat lungenkrebs und wird demnaechst sterben. thema nummer eins. er hat alle unsere haeuser hier gebaut, unsere betten, unseren tisch. er ist mit fast dem ganzen dorf in irgendeiner weise verwandt, oder sehr gut befreundet. die kultur hier, mit krankheiten umzugehen, ist manchmal schwer auszuhalten. viel nicht-wissen, wegschauen, hinauszoegern, engen verwandten nicht sagen, was wirklich sache ist...und manchmal koennten wir uns die haare raufen, wenn krebs in der gleichen weise behandelt wird, als haette jemand kopfweh und doch hat der doktor die autoritaet. das private krankenhaus waere natuerlich besser, doch un-leistbar.

drei andere friedensgemeindemitglieder sind auch grade krank, eine frau wurde in der nacht in einer haengematte den berg hinuntergetragen. eine sehr anstrengende arbeit, die striemen auf den schultern hinterlaesst!
diese themen druecken auf die stimmung. und in der stimmung leben und begleiten wir schliesslich.

heute war ich ganz langsame runden spazieren am "sportplatz". nach einer gedankenversunkenen einsinguebungsingenden rundenstunde im sonnenuntergangslicht lief mir mein lieblingsmaedel entgegen und brachte mich zu einem guanabanabaum, auf dem wir herumkletterten und auch ernteten. so aufregend. ich laufe u singe u schreie oft mit dem kind (gemeinsam mit ihr), sie war die erste person, die ich gesehen habe. als ich das erste mal das dorfholztuerl geoeffnet hab, spielte sie auf dem boden, u sie war die erste, die meinen namen wusste. ich bin total dankbar fuer sie, fuer alle menschen, die mich ernst nehmen und mit denen ich persoenlichere dinge tun oder reden kann.
und ich freue mich soo ueber emails! oft kommen sie wie lichtblicke und geben mir kleine impulse fern von den alltagsdingen, die hier auf uns lasten.

jetzt beim (und nach dem) nachrichtenschauen hatte ich gespraeche ueber liebesgeschichten (neben denen ueber krankheiten u magenschmerzen). ich bin wirklich froh ueber unsere regel, dass wir uns hier auf keine affairen einlassen, es waere so kompliziert! und die leute wissen ohnehin alle geschichten von allen. auch die von den volunteers untereinander. es verfolgt mich bis in meine traeume, dass irgendeine frau boese waere, wuerd ich zuviel zeit mit einem der maenner verbringen. wir sind schon sehr auffaellig hier.

morgen geh ich wieder auf salida (das sind meine drei freien tage jedes monat) u hab dann zeit online und fuer sonstige stadt-aktivitaeten, genau wie ich es mir grade vorhin gewuenscht habe. ja, ich kann immer etwas tun, in jeder situation. bin nicht gefangen im dschungeldorf, sondern freiwillig hier.
sogar sehr privilegiert, mit ueberblick, rueckflugticket und ferienzeiten: ferien vom krieg, den krankheiten, den gespraechen ueber den krieg und denjenigen ueber die kranken, ferien von den engen familiaeren strukturen. meiner rolle, aus der ich nie aussteige, auch im schlaf im FOR t-shirt nicht.
letztes monat war ich am strand (allerdings bei sturm!) und diesmal hab ich vor, ein schwimmbad u ein kino zu suchen...

und: naechste woche kommt eine neue kollegin ins team! aufregend! da werde ich diejenige sein, die ins training involviert ist und dinge weitergibt. freu mich sehr darauf.

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