22.2.12

was ich bewege, was mich bewegt.

momentan durch und durch bewegt sitze ich in einer schoenen sonnigen wohnung in bogota u hoere deutschen hiphop. tee mit zimt und milch neben mir. hmmm.


in den letzten 3 wochen hatte ich besuch von einer solidaritaetsreisegruppe aus oesterreich. ich habe diese zusammen mit einem kollegen begleitet u einen grossteil davon vorbereitet. 11 reisende menschen mit vielen fragen und intentionen, vor allem aber diejenige, das friedensdorf zu besuchen und meine begleitarbeit dort zu unterstuetzen. und mir machte das bewusst, wie sehr ich hier bin, wie sehr diese vielen kolumbianischen realitaeten zu meinem neuen arbeitsumfeld geworden sind und ich alle damit verbundenen herausforderungen gut meistern kann. das gehen in gummistiefeln, das leben im dorf, das kochen ohne kuehlschrank, die feuchte hitze. die freiheit in der stadt, das geniessen der kultur, das nach 6 monaten wieder so frei tanzen wie ich will.

seit 6 monaten arbeite ich als internationale begleiterin in der friedensgemeinde san jose de apartado. es geht darum, raum zu schaffen fuer bedrohte aktivist_innen. mit ihnen zu wandern, damit sie nicht durch bewaffneten gruppen gefaehrdet sind, mit ihnen zu leben, um sie in ihrem willen zu unterstuetzen, sich von ihrem land nicht vertreiben zu lassen. das hier ist eine landbesetzung, die schon 15 jahre andauert, ein ueberlebensprojekt, das schaffen einer neutralen zone inmitten der territorien und interessen von drei verschiedenen bewaffneten gruppen. dahinter stehen oft multinationale konzerne, die den boden ausbeuten moechten und ihre allianzen mit dem staat, mit terroristischen gruppen, dahinter steht ein schattenwirtschaftszweig, der den kolumbianischen konflikt weiterhin finanziert und in den so viele bauern mit hineinverwickelt sind: der drogenhandel. und die menschen im friedensdorf sind bedroht, weil sie neutral sein moechten, weil sie nicht mitmachen in den kreislaeufen der gewalt und der toedlichen information.

um hier gut leben zu koennen, musste ich viel von meinem idealismus fuer eine weile zurueckstecken. hier gehts nicht, um visionaeres entwickeln, noch darum, viel eigenes einzubringen oder vieles gemeinsam zu bewegen. keine ratschlaege, keine bewertungen, evaluierungen. keine strategiediskussionen, traumkreise oder workshops
zu gewaltfreiheit.
es ist nicht das ziel von aussen etwas zu bringen, ausser den raum zu schaffen fuer die menschen, die wir begleiten. es geht um die praesenz. darum, bei den menschen zu sein. wir mischen uns nicht ein in die von ihnen geschaffene alternative. wir sind da und hoeren zu, die geschichten des konfliktes, der massaker. und wir sind noch mitten drin im konflikt, es ist kein ende in sicht.

fuer mich ist das leben im kolumbianischen dschungelbauernfriedensdorf eine herausforderung, ein totaler wechsel meines lebensstils, das verzichten auf vieles, was ich kenne und liebe: das freie tanzen, das erleben einer staedtischen kultur, die milch. ich bin mittlerweile stolz, dass ich das leben hier so gut meistere, auf notfaelle reagieren kann und genau weiss, mit wem im dorf ich auf welche art u weise reden u scherzen kann. ich bin begeistert von der begleitarbeit im sinne des hinschauens auf die flecken dieser welt, wo sich unser moerderisches wirtschafts- und gesellschaftssystem so grausam auswirkt. die praxis, den raum zu geben u sich auf die menschen und das leben hier einzulassen ist sehr fordernd u laesst mich nicht sofort erkennen, wie ich damit wachse. es bedeutet einschraenkungen, es geht selten darum, was ich persoenlich moechte. und doch bekomme ich viel zurueck. tiefe einblicke, das erleben des konfliktes von dieser persoenlichen seite. die dankbarkeit der menschen, das viele reisen und wandern, schlafen in haengematten. tiergeraeusche und der umwerfende sternenhimmel in der nacht. immer wieder aufwachen mit waerme und sonne. schwitzen u dreckig sein und dann baden im fluss.

ich bin momentan so sehr hier und das ist gut so.
im mai werde ich in oesterreich sein u praesentationen halten, teilnehmerinnen der reise bereiten einen film u eine ausstellung vor. ich freu mich drauf, doch bin ich weit weg. 
voraussichtlich werde ich ab juli hier in bogota das politische team unterstuetzen.
aber dazu spaeter, bis dahin fehlen noch viele intensive momente.

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