10.12.11

vom zuhoeren

die gewaltfreie kommunikation beginnt mit der empathie. die kunst, die empathie zu geben, ist, mit ganzem herzen zuzuhoeren, in meiner ganzen praesenz, ohne nebenher innerlich zu bewerten, was mein gegenueber sagt, ohne an meine eigenen reaktionen auf das gesagte zu denken u diese zu bewerten, ohne im geiste bei den naechsten arbeitstaetigkeiten zu sein. ich kann das sehr gut mit der empathie, ich kann richtig eintauchen in die gefuehlswelt des anderen menschen. in meiner rolle als begleiterin, ist es meine aufgabe, auf die menschen einzugehen, ihnen fragen zu stellen. ich tauche ja in ihre realitaet ein, ich will ihnen das gefuehl geben, dass ich da bin und mich fuer sie interessiere. so geht es in den gespraechen stets um meine gespraechspartner:innen, um das leben im dorf, die friedensgemeinde betreffend. meine realitaet ist zu weit weg von hier, um fuer die leute begreifbar zu sein. es gibt sehr wenige leute, die mir ihrerseits fragen ueber mich stellen und vielleicht stellen sie dann fragen ueber meine sprache oder ueber meine herkunft, aber nicht wirklich ueber mein empfinden.

es ist sehr anstrengend. ich habe das gar nicht gemerkt, im prinzip habe ich nun ueber drei monate fast nur zugehoert. und damit meine ich, gespraeche bewusst so gelenkt, dass es um meine gespraechspartner_innen geht, und so, dass es ihnen gut geht. um ihnen bewusst den raum zu geben. ich kann das gut. und ich tue das staendig. ich lache mit den leuten wenn sie lachen wollen und ich esse mit den leuten, wenn sie mich einladen, und ich aergere mich mit ihnen, wenn sich das pferd nicht einfangen laesst, und bin faul in der haengematte mit ihnen, wenn es regnet.

zuhoeren ist besonders wichtig in notfallssituationen. es ist spannend, es gibt sehr viele wahrheiten. jede fuer sich ein splitter der von den leuten subjektiv erlebten kriegsrealitaet. waehrend laut einer person die guerillas bereits ein gesamtes dorf eingenommen haben, gab es laut einer anderen person einen kampf zwischen guerillas und paramilitaers in der naehe von jenem dorf bei dem zehn kaempfer ums leben gekommen sind und laut unseren naehesten kontakten vor ort einen kampf, bei dem es einen toten gab. da heisst es nachfragen, zuhoeren, geschichten hoeren, radio hoeren, vergleiche, schaetzungen, anrufe machen, leute befragen, alle erzaehlen sie gerne die versionen ihrer wahrheit.

ich merke, dass ich aufgeladen bin mit gespraechen und information, als waere mein innerer platz fuer die empathie aus und voll. der muss dringend geleert werden, dieser platz. alles aufgesaugte braucht ausdruck, ich weiche gespraechen aus, in denen ich nur zuhoere. ich bin jetzt auf urlaub u versuche der allgemeinen erschoepfung raum zu geben. ich finde jetzt selbst seltsam, dass ich dachte, die begleitarbeit waere in irgendeiner weise mit organisationsarbeit vergleichbar. fuer andere da sein und praesent sein auf professionelle art ist ueberaus fordernd.

und ich hoere uebrigens gerne zu. dann wenn wieder platz dafuer ist...

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